Mit der Einweihung der Heilandskirche gab es nun im Stuttgarter Osten aber nicht nur ein neues Gotteshaus, sondern einen zusätzlichen Kirchenbezirk. Zu ihm gehörten auch das Karl-Olga-Krankenhaus und das Diakonissen-Mutterhaus der Olgaschwestern. Nach Paul Gölz kam 1923 Adolf Löbich als Pfarrer an die 5000 Glieder starke Heilandskirche. In dessen erstes Amtsjahr fiel das zehnjährige Jubiläum der Kirche, das mit einem feierlichen Konzert am 2. Dezember 1923 begangen wurde. Löbich folgte schon im Sommer 1925 Pfarrer Edward Klöß. Am 11. Dezember des selben Jahres wurde der neu erbaute Kindergarten, die „Stöckachpflege“, eingeweiht. In ihm konnten nun Kinder in drei verschiedenen Altersgruppen betreut werden. Im Jahr 1928 wurde das Pfarrhaus fertig gestellt und nebst angebautem Konfirmandensaal eingeweiht.
Die Heilandskirchengemeinde besaß nun alles was zur äußeren Struktur einer Kirchengemeinde gehört: einen Pfarrer mit eigenem Pfarrhaus, genügend Räumlichkeiten für Gottesdienste, Kinder- und Jugendgruppen und sonstige kirchliche Kreise. Dass diese Möglichkeiten auch vielfältig genutzt wurden und sich eine tatkräftige Gemeindearbeit etabliert hatte, zeigt ein Blick in den „Kirchlichen Wegweiser“ aus den späten 20er-Jahren. Er verzeichnet neben den obligatorischen Sonntagsgottesdiensten zahlreiche regelmäßige Veranstaltungen wie Kinderkirche, Jugendgottesdienst, Bibelstunde, Kirchenchor, Frauennähkreis und die Versammlung der Altpietistischen Gemeinschaft. Eine eigens eingerichtete Krankenpflegestation war seit 1926 durch Schwester Anna Schlotterbeck und danach von 1928 bis 1934 durch Schwester Gertrud Steudel besetzt. Die Arbeit dieser „Gemeindeschwestern“ wurde durch Gemeindegelieder unterstützt, die sich zum „Krankenbesuchsverein“ zusammengeschlossen hatten. Waren die vergangenen 15 Jahre also hauptsächlich durch Gemeindeaufbau, ansteigende Gemeindegliederzahlen und regen Baubetrieb bestimmt, beeinflusste der politische Umbruch der 30er Jahre auch die Arbeit der Heilandskirchengemeinde zusehends: „Die Beflaggung aus den Fenstern wurde immer röter und wechselte 1933 ohne Schwierigkeiten über Nacht (…). Die Kirchengemeinde hat nichts anderes zu sein als mitten im Wandel und Vergehen Wegzeichen zur bleibenden Heimat.“ (Aus einem Bericht von Pfr. Klöß)
Diese Wegzeichen setzten in den folgenden Jahren vorallem die 1931 in ihr Amt eingeführte Gemeindediakonin Hanna Solleder, die ab 1934 in der Krankenpflegestation in der Werderstraße tätige Gemeindeschwester Gertrud Handte, der am 31. Oktober 1938 als Nachfolger von Edward Klöß investierte Pfarrer Gustav Oehler sowie die Jubiläumsfeier zum 25-jährigen Bestehen der Heilandskirche am 2. Dezember 1938, die mit mehreren Veranstaltungen begangen wurde.